Änderung des Europawahlgesetzes
Rede zum TOP 20, 54. Sitzung des 20. Deutschen Bundestages
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Mit dem Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Europawahlgesetzes hat die Ampel einen Gesetzentwurf vorgelegt, der kurz, knapp und leicht verständlich ist
(Konstantin Kuhle (FDP): So ist es!)
und dessen Inhalt in einem Satz zusammengefasst werden kann: Das aktive Wahlalter für die Wahl des Europäischen Parlaments soll von 18 auf 16 Jahre abgesenkt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich bin durchaus ein Freund sprachlicher Prägnanz; aber mir scheint, dass dieser Gesetzentwurf doch allzu simpel geraten ist.
Zu seiner Begründung wird dem geneigten Leser parlamentarischer Drucksachen lediglich mitgeteilt, dass das derzeitige Mindestwahlalter für die Wahlen zum Europäischen Parlament von 18 Jahren Menschen von der Wahl ausschließe, „die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen“; angesichts dessen sei eine Absenkung des Wahlalters angezeigt.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass zahlreiche, viele junge Menschen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren bereits über ein waches politisches Bewusstsein verfügen und sich auch einbringen; das ist auch gut so. Aber dass sie bereits an so zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen, dass deswegen das Wahlgesetz geändert werden muss? Das erscheint mir nicht sinnvoll.
Darüber hinaus haben die allermeisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Alter für das aktive Wahlrecht wie wir in Deutschland auf 18 Jahre festgelegt.
Es geht um die Wahlen zum Europäischen Parlament. Wir müssen festhalten, dass die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre durch das Europarecht jedenfalls nicht zwingend vorgegeben ist. Der aktuell geltende Direktwahlakt enthält hierzu überhaupt keine Festlegung.
Was aber europarechtlich angezeigt wäre, ist, dem Direktwahlakt aus dem Jahr 2018 zuzustimmen, damit die auf europäischer Ebene beschlossenen Regelungen endlich umgesetzt werden können – konkret: dass die bereits 2018 beschlossene Sperrklausel bei Europawahlen eingeführt und das Europäische Parlament gestärkt werden kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu hat sich die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag sogar ausdrücklich verpflichtet. Dort heißt es:
Wenn bis zum Sommer 2022 kein neuer Direktwahlakt vorliegt, wird Deutschland dem Direktwahlakt aus 2018 auf Grundlage eines Regierungsentwurfes zustimmen.
(Konstantin Kuhle (FDP): Wir sind ja das Parlament!)
Bis zum Sommer 2022 – heute ist der 22. September, in wenigen Stunden ist der Beginn des kalendarischen Herbstes. Ein neuer Direktwahlakt ist zwar in Arbeit und sieht in seinem vorliegenden Entwurf sogar ein Wahlrecht ab 16 vor, aber er existiert eben noch nicht, und dass er im Sommer 2022 nicht verabschiedet werden würde, ist auch seit geraumer Zeit klar. Vor diesem Hintergrund richte ich den dringenden Appell an die Regierungskoalition: Unternehmen Sie doch bitte im Europarecht diejenigen Schritte, die notwendig
und angezeigt sind und die das Europäische Parlament vor einer Fragmentierung bewahren. Deutschland muss jetzt den 2018 beschlossenen Änderungen des Direktwahlaktes zustimmen, damit eine Sperrklausel eingeführt werden kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Kollege.
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Wenn die Koalition es selbst nicht schafft, werden wir als CDU/CSU-Fraktion in der weiteren Beratung dieses Gesetzentwurfs einen entsprechenden Antrag einbringen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Bravo!)