Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung
Rede zum TOP 14, 29. Sitzung des 19. Deutschen Bundestages
– Es gilt das gesprochene Wort –
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Grundgesetz ist eine Verfassung, die Position bezieht, die dazu auffordert, den Feinden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entschlossen entgegenzutreten. Wir in Deutschland haben eine Demokratie, die sich wehrt. Nach Artikel 20 Absatz 4 des Grundgesetzes haben alle Deutschen gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Nach Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes sind Vereinigungen verboten, „die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung … richten“. Und nach Artikel 18 des Grundgesetzes gilt: Wer die Grundrechte „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht, verwirkt diese Grundrechte“.
Aus den Erfahrungen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes den Schluss gezogen, dass eine starke parlamentarisch-demokratische Bundesrepublik selbstverständlich wider diejenigen vorgehen muss, die diese demokratische Ordnung zerstören wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ich für meinen Teil bin der Meinung, daß es nicht zum Begriff der Demokratie gehört, daß sie selber die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft.
Man müsse
… auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber aufbringen, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
So hat es Carlo Schmid 1948 im Parlamentarischen Rat formuliert.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Dieses Grundverständnis von einer wehrhaften, streitbaren Demokratie hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zu Parteiverboten schon sehr früh weiter konturiert und weiterentwickelt. Bis heute ist es die gemeinsame Grundlage unseres Verfassungsverständnisses.
Ist aber das Verständnis über die Jahrzehnte der Bundesrepublik gleich geblieben, so müssen sich die Instrumente doch weiterentwickeln. Aus dieser Überzeugung, dass wir Feinden unserer gemeinsamen Ordnung niemals das Feld überlassen werden, haben wir im letzten Jahr den Artikel 21 Absatz 3 in das Grundgesetz eingefügt.
Die NPD zu verbieten, ist trotz aller Anstrengungen vor dem Bundesverfassungsgericht nicht gelungen. Denn zur Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gehört auch, dass sie ihre Instrumente unter strenger Kontrolle und Begrenzung – bei uns durch das Bundesverfassungsgericht – zur Anwendung bringt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl (SPD))
Und so ist es nicht deshalb nicht gelungen, die NPD zu verbieten, weil sie nicht verfassungsfeindlich wäre, sondern deshalb, weil sie im Moment nicht genügend Anhängerinnen und Anhänger findet – zum Glück! Aber das könnte sich ja ändern, und deswegen müssen wir jetzt handeln.
Damit es dazu gar nicht erst kommt, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Januar 2017 eine Möglichkeit aufgezeigt, sich anders zu wehren. Das Stichwort heißt: Parteienfinanzierung. In Deutschland unterstützen wir die Parteien mit staatlichem Geld, weil sie für unsere demokratische Willensbildung elementar wichtig sind. Parteien sollen nicht von großen Geldgebern alleine abhängig sein, sondern sie sollen mit der Sicherheit eines gewissen finanziellen Grundstocks ihre politischen Überzeugungen vertreten, und zwar das ganze Spektrum ihrer Überzeugung. Aber Geld von der Allgemeinheit für anerkannt verfassungsfeindliche Ziele, das darf es nicht mehr geben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Denn es gibt keinen Grund, warum wir als Bundesrepublik Parteien finanziell unterstützen sollten, die auf die Abschaffung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinarbeiten.
Der Ausschluss der NPD von der Parteienfinanzierung ist im Übrigen kein faktisches Verbot der NPD, es ist lediglich eine Sanktionsmöglichkeit, notwendig als Zeichen, dass sie zwar weiter Politik machen können, aber nicht mithilfe finanzieller Unterstützung durch die Bundesrepublik Deutschland, durch unsere Steuergelder.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir können nicht zulassen, dass die NPD mit unserer Hilfe die Chance bekommt, wieder groß zu werden, und damit die Möglichkeit gewinnen könnte, irgendwann doch wieder gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorzugehen.
Wir beantragen einen Ausschluss für die Dauer von sechs Jahren, um die weitere Entwicklung der NPD zu beobachten. Wir beschließen dazu heute einen entsprechenden Antrag an das Bundesverfassungsgericht.
Lieber Herr Kollege Brandner, ich sage es noch einmal: Wir können darüber heute beschließen; denn wir beschließen einen Antrag und keinen Schriftsatz. Wir beschließen heute, den Weg über das Bundesverfassungsgericht zu gehen. Alles Weitere ist dann Aufgabe der Ausschüsse. Deswegen können wir heute den Antrag zur Abstimmung stellen. Ich bitte um Ihre Unterstützung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)