Ich kam, ich sah, ich möchte bleiben – meine Erfahrungen als Bundestagspraktikant

Ich kam, ich sah, ich möchte bleiben – meine Erfahrungen als Bundestagspraktikant

Ich kam, ich sah, ich möchte bleiben – meine Erfahrungen als Bundestagspraktikant

Praktikumsbericht von Jurastudent Simon Baumann

Sechs Wochen ist es mittlerweile her, dass ich erstmals, nach erfolgreich passiertem Sicherheitscheck, in die imposanten Hallen des Paul-Löbe-Hauses eintreten durfte. Hier in diesem über eintausend Mitarbeitern Platz bietenden Bürokomplex würde meine Wirkstätte der nächsten Wochen sein. Damals fühlte es sich surreal an, plötzlich Teil des täglichen Geschehens am Puls der Republik werden zu dürfen. Eine Mischung aus Respekt und Ehrfurcht ließ mich daran zweifeln, ob ich mich in diesem gewichtigen Getümmel zurechtfinden würde. Heute, zwei Tage vor meiner Rückreise nach Bonn, ist die Gefühlslage anders: Ich will hier nicht weg.

Was musste geschehen, um einen solchen Wandel der Empfindungen zu durchlaufen?
Drei Faktoren möchte ich besonders herausstellen. Diese können beileibe nicht alles abdecken, was ich in den sechs Wochen bei Herrn Heveling habe erleben dürfen. Dennoch geben sie in meinen Augen am kompaktesten wieder, was mich an der Arbeit im Bundestag am meisten begeistert hat – wer mehr erfahren will, sollte dringend erwägen, sich selber in das Abenteuer Bundestag zu stürzen!

Faktor eins: Leben am Puls der Zeit

Es mag ein wenig abgedroschen klingen, aber noch nie habe ich mich so nahe am Zeitgeschehen gefühlt wie während des Praktikums in Berlin. Die rassistischen Ausuferungen in Clausnitz und Bautzen führten zu einer langen und hitzigen Befragung des sächsischen Polizeipräsidenten im Innenausschuss. Die Verhandlungen mit der Türkei zur Eindämmung des Zuwanderungsstroms waren Thema der Regierungserklärung von Frau Merkel im Plenum. Und nicht zuletzt die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt mit spürbar nachdenklich stimmenden Ergebnissen wurden etwa in der Fraktions-Arbeitsgruppe lautstark debattiert. Herr Heveling ermöglichte mir, ihm bei all diesen Sitzungen im wahrsten Sinne des Wortes über die Schulter zu gucken. Als ob das nicht schon spannend genug gewesen wäre, durfte ich auch noch unmittelbar am Wahlabend als Zuschauer eines Maybrit Illner Spezials ins ZDF-Hauptstadtstudio, für mich ein weiteres Highlight. Was Millionen von Menschen täglich im Fernsehen verfolgen, war für mich über sechs Wochen hautnah erlebter Alltag.

Faktor zwei: Jeden Tag etwas Neues!

Um meine Tätigkeit bei Herrn Heveling in einem Wort zu beschreiben, würde ich wohl auf die Bezeichnung „abwechslungsreich“ zurückgreifen. Denn neben dem täglichen Geschäft von Ausschuss-, Arbeitsgruppen- und Plenarsitzungen gilt es, eine bunte Vielfalt von Terminen und Anfragen – seien es Fernsehinterviews, Antrittsbesuche oder außerparlamentarische Reden – zu koordinieren. Zu meiner Freude ließ mich Frau Zielonka, unsere Büroleiterin, in vielen Bereichen mein Glück versuchen und mir war sehr früh bewusst, dass es hier wohl nie langweilig werden würde.
So durfte ich etwa Redeentwürfe verfassen, Sitzungen und Fachgespräche inhaltlich vorbereiten, Gutachten zusammenfassen und kommentieren, Vermerke formulieren sowie zur Beantwortung von Bürgeranfragen mit verschiedenen Ministerien korrespondieren. Einen besonderen Reiz machte hieran die dem Jurastudium gegenüber andere Perspektive aus: Während mein Studium bisher im Kern die Erstellung von Gutachten auf Grundlage des bereits bestehenden Rechts erforderte, war nun gefordert, an der Schaffung neuen Rechts teilzuhaben. So galt es sich etwa ins Urheber-, Medien- und Asylrecht hineinzudenken. Dieser bunte Strauß von Aufgaben wurde noch ergänzt durch die regelmäßige Teilnahme an den Ausschusssitzungen, Plenumsbesuche und Fachgespräche im Rahmen des Praktikantenprogramms. Langweilig wurde es nie, dafür gab es jede Menge zu lernen – jeden Tag etwas Neues eben.

Faktor drei: Arbeit in einem funktionierenden Team

All diese Erfahrungen waren eingebettet in die Zusammenarbeit mit wunderbaren Kollegen. Selbst wenn sich die Arbeit häufte, war immer Raum für einen kleinen Scherz und das Sammeln neuer Kraft. Beim gemeinsamen Essen und auch bei der täglichen Arbeit haben wir viel gemeinsam gelacht. Mir wurde aller Freiraum gegeben, den es brauchte, um auch meine fachlichen Fähigkeiten auf den Prüfstand zu stellen. Gleichzeitig durfte ich mir immer gewiss sein, dass mir bei Rückfragen jederzeit mindestens ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen würde. Gerade deshalb konnte ich in der nun hinter mir liegenden Zeit so viel Neues lernen und meine Grenzen ausloten.
Ich möchte Herrn Heveling und seinem ganzen Team für die unersetzlichen Erfahrungen und die neugewonnen Perspektiven danken. Ich habe mir fest vorgenommen, dass dies nicht meine letzte Station in Berlin gewesen sein soll.