Änderung des Europawahlgesetzes
Rede zum TOP 16, 66. Sitzung des 20. Deutschen Bundestages
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über die Änderung des Europawahlgesetzes und sollten vielleicht als Erstes den Blick auf die rechtlichen Grundlagen für die Europawahl richten.
Wir stellen fest: Im Jahr 2018 wurde vom Europäischen Parlament eine Änderung des Direktwahlakts beschlossen, der für die Europawahl eine ganze Reihe von Vorgaben macht, etwa dass bei der Wahl zum Europaparlament eine Sperrklausel in Höhe von 2 bis 5 Prozent eingeführt werden kann.
Damit diese Änderung des Direktwahlakts in Kraft treten kann, müssen die EU-Mitgliedstaaten gemäß ihrer nationalen verfassungsrechtlichen Vorschriften zustimmen. Außer Zypern, Spanien und Deutschland haben das bereits alle EU-Mitgliedstaaten getan. In Deutschland müsste dafür lediglich ein Gesetz nach Artikel 23 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes sowie eine Änderung des Europawahlgesetzes beschlossen werden.
Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben dazu die zwei entsprechenden Gesetzentwürfe vorgelegt. Es wäre eine simple technische Umsetzung dessen, was bereits 2018 auf europäischer Ebene als Rechtsgrundlage beschlossen wurde und von Deutschland umzusetzen ist. Hinzu kommt im Übrigen, dass sich das auch im Koalitionsvertrag der regierenden Ampel wiederfindet. Sie hat sich dazu verpflichtet, diese Regelungen umzusetzen.
Man sollte von daher meinen, dass die Umsetzung europäischen Rechts etwas ist, auf das sich die demokratische Opposition hier im Bundestag sowie die Regierungsmehrheit problemlos verständigen könnten. Indes hat die Ampel unsere Gesetzentwürfe von der Tagesordnung genommen und die Ratifizierung und die Umsetzung des europäischen Direktwahlakts auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Das Ganze passierte in der Ausschusssitzung
mit dem Hinweis, dass Zypern und Spanien die Ratifikation noch nicht vorgenommen hätten; diese solle man doch erst einmal abwarten. Das blendet einmal aus, dass alle anderen Staaten es schon umgesetzt haben. Aber es ist gleichzeitig auch der Beweis dafür: Die Ampel will offensichtlich, dass Deutschland das Schlusslicht in der Europäischen Union ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Stattdessen hat die Ampel nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem das aktive Wahlalter zum Europäischen Parlament von 18 auf 16 Jahre abgesenkt werden soll. Im Gegensatz zu den Regelungen in unserem Gesetzgebungsvorhaben ist dies europarechtlich allerdings überhaupt nicht vorgeschrieben. Bezugspunkt ist hier lediglich eine nicht bindende Entschließung des Europäischen Parlaments. Zudem wird hier ein deutscher Sonderweg beschritten; denn das Standardwahlalter in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union beträgt nun mal 18 Jahre.
(Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)
Lediglich Malta, Österreich und Griechenland haben ein niedrigeres Wahlalter.
(Nina Warken (CDU/CSU): Hört! Hört!)
Warum dann eine Absenkung auf 16 Jahre? Offensichtlich geht es der Ampel vor allem darum – das hat auch der Beitrag des Kollegen Hartmann gezeigt -, politischen Druck aufzubauen, auch bei den Wahlen zum Bundestag eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre in Angriff zu nehmen. So soll eine politische Notwendigkeit und Folgerichtigkeit für etwas begründet werden, für das es aber in der Bevölkerung wohl keinen Rückhalt gibt.
Das Institut für Demoskopie Allensbach hat im November des vergangenen Jahres im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“
eine Umfrage zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre durchgeführt. Das Ergebnis dieser Umfrage kam zu einem an Deutlichkeit kaum zu überbietenden Ergebnis: 71 Prozent der befragten Deutschen sind für eine Beibehaltung des Wahlalters von 18 Jahren, 19 Prozent für eine Senkung auf 16 Jahre, und lediglich 10 Prozent sind unentschlossen.
(Sebastian Hartmann (SPD): Aber wer wurde denn da gefragt?)
Daher appelliere ich an die Ampel: Hören Sie auf damit, unsere Oppositionsrechte mit den Mitteln des Geschäftsordnungsrechts zu torpedieren, so wie es bei der Frage der Umsetzung und Ratifikation der Änderung des Direktwahlakts geschehen ist! Setzen Sie Ihren eigenen Koalitionsvertrag um und stimmen Sie unseren Gesetzentwürfen zu! Die entsprechenden Drucksachen liegen vor und müssen nur auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Deutschland muss die 2018 beschlossene Änderung des Direktwahlaktes jetzt umsetzen. Der Änderung des Wahlalters werden wir nicht zustimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)