Rede zu TOP 16, 21. Sitzung des 21. Deutschen Bundestages
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der AfD, was genau wollen Sie eigentlich? Erst kündigten Sie bei der Festlegung der Tagesordnung einen Gesetzentwurf an. Geworden ist es ein Antrag, der andere zum Handeln auffordern soll. Sie fordern am Anfang des Antrags, dass der Bundestag beschließen solle, dass die Bundesregierung das Selbstbestimmungsgesetz aufheben soll.
Anscheinend sind Ihnen nicht nur die Arbeitsabläufe in unserer parlamentarischen Demokratie nicht bekannt, sondern Sie missverstehen auch grundlegende verfassungsrechtliche Fragen der Gewaltenteilung.
(Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat Herr Reichardt bisher noch nicht verstanden! Der versteht das nicht!)
Andernfalls wüssten Sie, dass nur der Deutsche Bundestag selbst das Selbstbestimmungsgesetz aufheben könnte.
(Zurufe von der AfD: Ja!)
– Na, Sie fordern, dass die Bundesregierung das aufhebt. Also, wie das funktionieren soll, das bleibt jetzt erst mal Ihr Geheimnis.
(Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Noch faul obendrauf! – Martin Reichardt (AfD): Ihr Geheimnis bleibt, warum Sie sich nicht an Ihre Wahlversprechen erinnern! Das bleibt Ihr Geheimnis! Das können Sie auch nicht wegreden! – Gegenruf der Abg. Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie doch einfach, was die Wahrheit ist: Faulheit!)
Am Ende des Antrags fordern Sie dann noch mit Bezug auf juristische Kohärenz – man muss sich das im Zusammenhang mit diesem Antrag einmal
auf der Zunge zergehen lassen -, der Bundestag solle die Vorlage eines neuen grundrechtskonformen Gesetzentwurfes beschließen.
Wenn Sie genau wissen, was Sie wollen: Warum legen Sie dann nicht direkt einen Gesetzentwurf vor, den Sie für rechtskonform halten, über den wir dann debattieren könnten? Im Titel fordern Sie Rechtsklarheit. Juristische Kohärenz und Rechtsklarheit sollten wir von Ihnen fordern. Selbstverständlich werden wir diesem konfusen Antrag, der keine klare Zielbestimmung hat und formales Nichtwissen offenbart, nicht zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zum Inhaltlichen. Es ist kein Geheimnis: Wir von der Union erachten das von der Ampel verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz in dieser Form als unausgereift, weil es an entscheidenden Stellen ins Beliebige abgleitet. Lassen Sie mich die von uns bereits im Gesetzgebungsprozess hauptsächlich kritisierten Punkte kurz ausführen.
Erstens. Der Umgang mit dem Geschlechtseintrag darf nicht bloße Formsache sein.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege.
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Personenstandsangaben benötigen Verbindlichkeit. Damit wird Ernsthaftigkeit gesichert und Missbrauch ausgeschlossen.
Vizepräsidentin Andrea Lindholz:
Herr Kollege, es gibt eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion.
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Die AfD-Fraktion kann sich gerne auf ihre üblichen Zwischenrufe beschränken. Ich möchte jetzt weiter ausführen.
Zweitens. Vulnerable Gruppen. Hier braucht es besondere Vorsicht und klare Schutzmechanismen.
Drittens. Die Ampel hat mit der Streichung der Datenübermittlung an Sicherheitsbehörden eine Sicherheitslücke geschaffen.
Wir brauchen aber in dieser Sache keine schrillen Parolen von rechts außen, sondern eine sachliche und differenzierte Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir ein Verfahren rechtssicher und verantwortungsvoll gestalten können.
(Birgit Bessin (AfD): Gab es doch alles schon!)
Im Koalitionsvertrag haben wir daher sehr klar festgehalten: Das Selbstbestimmungsgesetz wird spätestens bis zum 31. Juli 2026 umfassend evaluiert.
(Martin Reichardt (AfD): Sie wollen das abschaffen! Abschaffung haben Sie den Wählern versprochen!)
Wir wollen valide wissen, welche Auswirkung dieses Gesetz in der Praxis hat: auf Behörden, auf Schulen und Vereine, auf Kinder und Jugendliche und auf die Sicherheit unseres Landes.
(Falko Droßmann (SPD): Was hat das eine mit dem anderen zu tun?)
Dazu braucht es Zahlen, Erfahrungen, Berichte, nicht einfache Schlagworte und pauschale Unterstellungen. Dann werden wir dort Veränderungen vornehmen, wo es nötig ist.
Wir als Union sagen Ja zur Freiheit, aber mit Sicherheit und Verantwortung. Wir setzen uns ein für Selbstbestimmung, aber ohne Beliebigkeit. Es ist uns wichtig, eine Balance zu finden zwischen Respekt für den Einzelnen und Verlässlichkeit für die Gesellschaft. Das ist der Weg einer verantwortungsvollen Mitte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und lassen Sie mich auch das klar sagen: Natürlich gibt es unterschiedliche Sichtweisen in der Koalition. Aber die AfD wird es nicht schaffen, durch kalkulierte Provokationen Zwietracht zu säen. Wir diskutieren, wir debattieren hart an der Sache orientiert, und dann entstehen tragfähige Kompromisse. Das ist die Stärke demokratischer Zusammenarbeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik entsteht nicht durch die lautesten Zwischenrufe. Vertrauen entsteht, wenn Menschen sehen, dass wir uns nicht vom Populismus treiben lassen,
(Martin Reichardt (AfD): Darum laufen auch Ihre Wahlergebnisse so prima! Weil Sie Vertrauen gewinnen!)
sondern faktenbasiert entscheiden. Unser Kurs bleibt verantwortungsbewusst zum Wohl der Menschen in diesem Land.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)