Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD

Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD

Rede zu TOP 8, 210. Sitzung des 20. Deutschen Bundestages

Ansgar Heveling (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe allergrößten Respekt vor allen Kolleginnen und Kollegen, die sich den vorliegenden Anträgen anschließen und die in der Abwägung für sich die Entscheidung getroffen haben, dass das der richtige Weg ist.

Die AfD ist eine Partei, die nicht nur das gesellschaftliche Klima in Deutschland vergiftet, sondern deren offenkundiges Ziel es ist – allen Lippenbekenntnissen zum Trotz -, unsere demokratischen Verfahren zu delegitimieren

(Stephan Brandner (AfD): So ein Quatsch!)

und unsere Institutionen zu delegitimieren.

(Stephan Brandner (AfD): Und trotzdem arbeiten Sie mit uns zusammen seit gestern! Ist doch super, oder?)

Auch für uns als CDU und CSU ist die AfD nicht politischer Mitbewerber, sondern politischer Gegner.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Carmen Wegge (SPD) – Stephan Brandner (AfD): Waren Sie gestern nicht dabei?)

Wenn wir uns aber die Frage vorlegen, ob wir beim Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag einreichen, bewegen wir uns nicht mehr im rein politischen Raum. Wir müssen Antworten finden, die einer verfassungsrechtlichen und verfassungsprozessualen Prüfung standhalten; denn wenn ein AfD-Verbotsverfahren eingeleitet wird, muss eine große Erfolgswahrscheinlichkeit für ein Verbot bestehen, und hier sind derzeit Zweifel angebracht.

Zum einen ist da die zeitliche Dimension. Wir befinden uns in der letzten regulären Sitzungswoche des Deutschen Bundestages in dieser Wahlperiode. Im März wird sich der neue Bundestag konstituieren. Wer mit verfassungsgerichtlichen Verfahren vertraut ist, weiß, dass ein Verfahren dieser Größenordnung wochen- und monatelange Vorbereitung benötigt. Das dürfte also von daher schon schwer zu schaffen sein. Man kann jetzt mit einem Schriftsatz anfangen, aber gerät mit der Einreichung in jedem Fall in die Diskontinuität; das gilt im Übrigen auch für den Antrag, zunächst die Einholung eines Gutachtens vorzusehen. Denn das Verfahren wäre ja nicht mit einer Beschlussfassung heute eingeleitet, sondern erst mit der Einreichung des Schriftsatzes in Karlsruhe. Von daher ist es aber auch gut und folgerichtig, dass wir heute nicht entscheiden, sondern weiter beraten.

Das bringt mich aber auch zu einem weiteren zentralen Punkt. Der verfahrenseinleitende Schriftsatz in einem Parteiverbotsverfahren muss ja besonderen Anforderungen genügen. Da geht es nicht nur um die Erörterung verfassungsrechtsdogmatischer Fragen, die für sich genommen schon anspruchsvoll sind. Vielmehr agiert das Bundesverfassungsgericht im Parteiverbotsverfahren als Tatsachengericht, das die ihm vorgelegten Beweise würdigt, mit denen belegt werden soll, dass eine Partei „darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen“.

Da stelle ich mir, wie viele andere auch, die Frage: Wie sieht es mit den Beweisen, die den hohen Anforderungen – den zu Recht hohen Anforderungen – des Bundesverfassungsgerichts entsprechen, aus? Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass es solche Beweise geben kann, ja, es sie wahrscheinlich sogar geben wird; aber das muss vorab feststehen.

Diese Beweise können nur in ganz engem Austausch mit den Sicherheitsbehörden erarbeitet werden. Deswegen müssen bei einem

Verbotsantrag Bundestag, Bundesregierung und auch die Landesregierungen intensiv zusammenwirken. Davon ist bisher noch nicht viel zu hören.

(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann stimmen Sie doch dem zweiten Antrag zu!)

Aktuell wissen wir ja nicht einmal, wie es um die Staatsfreiheit der AfD bestellt ist.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das letzte NPD-Verbotsverfahren war insofern relativ einfach zu führen, als die NPD die Verfassungswidrigkeit ihrer Ziele offen proklamiert hat. Bei der AfD haben wir es mit einem Gegner zu tun, der seine verfassungsfeindlichen Bestrebungen camoufliert; das erschwert ein verfassungsgerichtliches Verfahren erheblich.

(Stephan Brandner (AfD): Was fantasieren Sie da eigentlich zusammen, Herr Heveling? – Zuruf des Abg. Peter Boehringer (AfD))

Was es unter allen Umständen zu vermeiden gilt, ist, in ein unsicheres Verfahren hineinzulaufen, an dessen Ende ein Persilschein für die AfD ausgestellt wird. Daher komme ich in der Abwägung zu dem Ergebnis, einen AfD-Verbotsantrag derzeit nicht zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)