Für eine schnelle Einigung bei der Wahlrechtsreform
Rede zum TOP 4, 142. Sitzung des 19. Deutschen Bundestages
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 29. September 2011 erklärte der damalige Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion van Essen hier an dieser Stelle:
„Ich rede deshalb ganz gern, weil ich finde, dass das Wahlrecht eines der wichtigsten Themen in einem Parlament ist. Das ist eine sehr sensible Materie, und deshalb sind alle, die sich damit beschäftigen, aufgerufen, damit sensibel umzugehen.“
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Florian Toncar (FDP): Aber zu handeln! – Dr. Marco Buschmann (FDP): Recht hat der Mann!)
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ob allerdings eine Aktuelle Stunde
(Dr. Marco Buschmann (FDP): Haben Sie erforderlich gemacht!)
der richtige Ort für diese Sensibilität ist, das möchte ich doch infrage stellen.
(Dr. Florian Toncar (FDP): Parlamentarische Notwehr! – Dr. Stefan Ruppert (FDP): Ihr macht sonst nichts!)
Man kann ja auch den Eindruck nicht ganz loswerden, dass es Ihnen hauptsächlich darum geht, hier öffentlichkeitswirksam mit Ihrem Antrag zu punkten. Aber es geht um ein zentrales staatspolitisches Thema, und da geht es eben auch um Sensibilität.
Natürlich: Wir wollen eine Einigung bei der Wahlrechtsreform und sehen auch deren Notwendigkeit. Wir alle wissen auch, dass dafür nicht mehr viel Zeit bleibt. Aber dann müsste es doch unser gemeinsames Ziel sein, dass wir miteinander – nicht übereinander – sprechen
(Dr. Marco Buschmann (FDP): Ja, das probieren wir doch seit Monaten! – Dr. Stefan Ruppert (FDP): Wir stalken euch schon!)
und jeder für sich überlegt, wie wir da aufeinander zugehen können. Die letzten Tage haben Ihnen doch gezeigt, dass in der Union hier einiges in Bewegung geraten ist.
(Zuruf von der FDP: In der CDU!)
Aber natürlich ist es bei einer föderal strukturierten Volkspartei wie der CDU so, dass es eben auch unterschiedliche Interessen gibt, die berücksichtigt werden müssen. Dass es die Interessen der CSU gibt und dass es natürlich auch bei der SPD andere, unterschiedliche Auffassungen zum Wahlrecht gibt, muss berücksichtigt werden.
(Mahmut Özdemir (Duisburg) (SPD): Na, na! Zieht uns da nicht mit rein!)
Mit uns kann es aber nur eine Lösung geben, welche die Bedeutung der Direktmandate für unsere Demokratie angemessen berücksichtigt. Wir finden, dass der Vorschlag der Opposition, der eine starke Reduzierung um 50 Wahlkreise vorsieht, dem eindeutig nicht gerecht wird.
Ich darf zitieren:
Der Vorschlag … die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren, ist vielleicht gut gemeint … wäre aber eine Verschlimmbesserung. Denn die Direktwahlkreise in unserem Land sind ein ganz entscheidendes Bindeglied zwischen Bürger und Bundestag. Die Direktwahlkreise sind das Fundament für die Akzeptanz und Bürgernähe unserer Politik. Eine Verringerung der Zahl der Direktwahlkreise würde zu weniger Bürgernähe führen.
Besser hätte ich es nicht ausdrücken können – ist aber nicht von mir. Kollege Ruppert hat das hier im Deutschen Bundestag am 30. Juni 2011 gesagt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Ja, dann! – Dr. Stefan Ruppert (FDP): Koalitionäre Rücksichtnahme! – Mahmut Özdemir (Duisburg) (SPD): Erwischt!)
Auch zum zweiten Element des Vorschlags der Opposition, zur Verrechnung von Überhangmandaten mit Listenmandaten, darf ich zitieren:
Dann müssten die Überhangmandate, die zum Beispiel in Baden-Württemberg … entstehen könnten, dadurch kompensiert werden, dass man bereits gewonnene Listenmandate in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg oder anderswo abzieht. Das ist keine gerechte Lösung. Das ist eine grob ungerechte Lösung, gerade für die Länder, die in der Regel keine Überhangmandate erhalten. … Das ist eine föderalismusfeindliche Lösung. Die Länder werden doppelt bestraft: Sie erhalten keine Überhangmandate, und beim Ausgleich müssen sie für die anderen auch noch sozusagen die Kompensation leisten. …
(Dr. Florian Toncar (FDP): Das ist eine typische Oppositionsrede, die Sie halten!)
Zugleich ist der Vorschlag bürgerfeindlich; denn er führt auch zu einer schlechteren Repräsentanz der Einwohner dieser Länder.
(Dr. Florian Toncar (FDP): Nur dagegen!)
Auch das ist vollkommen richtig, und auch das ist nicht von mir ausgeführt worden, sondern das hat im Jahr 2011 mein geschätzter Kollege Ruppert an diesem Pult gesagt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Philipp Amthor (CDU/CSU): Gute Sachen hat der Mann gesagt! – Mahmut Özdemir (Duisburg) (SPD): Aber geändert hat er auch noch nichts!)
Natürlich sind wir bereit, mit Ihnen über all diese Stellschrauben konstruktiv zu reden; denn das sind die Ansatzpunkte, um die es geht. Aber ich glaube nicht, dass wir hier heute im Plenum eine Übereinkunft darüber finden können.
Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Florian Toncar (FDP): Das war jetzt alles?)