Schöffenrecht

Schöffenrecht

Rede zum TOP 17, 57. Sitzung des 20. Deutschen Bundestages

Ansgar Heveling (CDU/CSU):

Frau Präsidentin / Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Jahr 2013 hat Alt-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth in diesem Haus, im großen Protokollsaal, den Deutschen Schöffenpreis erhalten.

Sie erhielt diese Ehrung als Präsidentin des Deutschen Volkshochschulverbandes für ihr Engagement für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

Im Rahmen der Preisverleihung sagte Rita Süssmuth, für eine Verurteilung brauche es mehr als Wissen: „Du musst wissen, wo du als Mensch stehst“. Schöffen hätten oft einen anderen Zugang, es dürfe nicht immer nur der mitreden, der die Kompetenz professionell erworben habe. Und sie ergänzte: „Wenn wir nur noch zu Spezialisierten werden, mögen wir tolle Kopfmenschen sein.“

Dem kann ich nur zustimmen.

Urteile müssen selbstredend nach Recht und Gesetz gesprochen werden. Aber, auch der gesunde Menschenverstand eines vermeintlichen „Laien“ ist für eine faire, von der Gesellschaft akzeptierte Rechtsprechung, von enormer Bedeutung.

Denn, Urteile werden „im Namen des Volkes“ gesprochen. Nicht im Namen von Richter XY. Der normale Mensch von der Straße muss sie verstehen und nachvollziehen können. So erreichen wir eine akzeptierte Rechtsprechung.

Die Bedeutung des richterlichen Ehrenamtes für die Rechtsprechung ist also groß, Anerkennung gibt es aber wenig und die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf gestaltet sich oftmals schwierig.

Mit ein Grund dafür ist, dass die gesetzlichen Regelungen zum richterlichen Ehrenamt in ihrer Form seit rund einem halben Jahrhundert bestehen und eine Lebensrealität wiederspiegeln, die der Vergangenheit angehört. Deshalb müssen wie sie den veränderten gesellschaftlichen Umständen anpassen!

Wir müssen:

Die Freistellungsregelungen verbessern.

Es kann nicht weiter angehen, dass Stunden bei Gericht, die in die Gleitzeit fallen, bei Tarifbeschäftigten nicht als entschuldigtes Fehlen gutgeschrieben werden und damit kein Vergütungsanspruch besteht.

Und wir müssen uns von der starren Altersgrenze von 70 Jahren verabschieden.

Ein modernes Schöffenrechts muss berücksichtigen, dass heutzutage deutlich mehr Menschen auch im hohen Alter noch körperlich und geistig gesund sind.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,

21 Mitglieder des Bundestages sind zum jetzigen Zeitpunkt bereits über 70 Jahre alt oder werden innerhalb dieser Legislaturperiode ihren 70. Geburtstag feiern.

Wollen wir allen Ernstes diesen 21 Kolleginnen und Kollegen die für die Strafrechtspflege erforderliche geistige Beweglichkeit absprechen, wie es der Gesetzgeber im Jahr 1975 noch getan hat?

Es ist doch etwas seltsam, anzunehmen, dass diese Mitglieder des Bundestages, obwohl sie in der Lage sind die Geschicke eines ganzen Landes zu beeinflussen, nicht in der Lage sein sollen, als Schöffenrichter Recht zu sprechen!

Um die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu stärken, brauchen wir darüber hinaus einen bundesweit einheitlichen Wahltag zur ehrenamtlichen Richterwahl. Durch gezielte mediale Kampagnen steigen die Chancen einer breiten Berichterstattung und das Amt bekommt die Aufmerksamkeit, die es verdient!

Des Weiteren benötigen wir dringend eine sachkundige Ansprechstelle für ehrenamtliche Richterinnen und Richter auf Bundesebene und fordern, dass diese sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und für deren Erhaltung eintreten müssen.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Vorhaben müssen umgesetzt werden, denn das Schöffenamt ist gelebte Volksouveränität.

Bitte helfen Sie dabei mit und unterstützen Sie unseren Antrag. Die gut 100.000 ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Deutschland werden es Ihnen danken!