Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt
Rede zum TOP 5, 223. Sitzung des 19. Deutschen Bundestages
Ansgar Heveling (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einem Tisch, einem Stuhl, jedweder Sache, auch Geld – all diesen Dingen können wir unmittelbar einen Wert zuweisen. Sie sind für uns fassbar, und wir können sie erfassen.
Ein Lied, ein Bild, eine Geschichte, ein Film – sie alle haben zumeist auch einen materiellen Träger: Leinwand, Papier, was auch immer. Aber ihren Wert kann man nicht daran bemessen. Ihr Wert liegt in der Idee – Platon lässt aus seiner Höhle grüßen -, und er lässt sich nur durch eines schützen: durch Rechte. Das ist die Grundlage des Urheberrechts, und das macht das Urheberrecht so wichtig. Nur durch den Schutz des geistigen Eigentums lässt sich sicherstellen, dass mit kreativen Ideen Wertschöpfung betrieben werden kann. Dies gilt umso mehr in der digitalen Welt, in der es praktisch gar keine Verkörperung eines Werkes mehr gibt.
Die Europäische Union hat mit der DSM-Richtlinie die Grundlage für den Schutz des Urheberrechts in der digitalen europäischen Welt neu geordnet, und wir haben bis Ende Juni Zeit, diese europäische Urheberrechtsordnung in unser Recht zu übertragen. Mit dem heute zur Entscheidung anstehenden Gesetzespaket schließen wir die umfassendste Reform des Urheberrechts der letzten Jahre, ja Jahrzehnte, ab. Es geht vor allem um den Schutz und die Wirksamkeit des Urheberrechts in der digitalen Welt, im digitalen Markt.
Europa hat sich zum Ziel gesetzt, Lizenzen zu fördern, den Value Gap, die digitale Wertschöpfungslücke, zu schließen und eine europäische Harmonisierung des Urheberrechts herbeizuführen. Wir vollziehen dies im deutschen Recht nach und nutzen hierbei auch die neuen Instrumente, die das europäische Recht nun zur Verfügung stellt, etwa durch Extended Collective Licensing, das dem deutschen Recht bisher eher fremd gewesen ist.
Den Kern der Umsetzung der Richtlinie bildet allerdings das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz. Mit ihm sollen die Ziele der Richtlinie verwirklicht werden. Erstmalig wird damit eine Vergütungspflicht für Plattformen konstituiert, die urheberrechtlich geschützte Werke auf ihren Plattformen verbreiten. Das ist ein wesentlicher Schritt, um den Value Gap zu schließen. Gleichzeitig normiert § 4 dieses Gesetzes eine Pflicht zum Erwerb vertraglicher Nutzungsrechte, sodass auch der Abschluss von Lizenzen gefördert wird.
Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die neue Rechtsfigur der mutmaßlich erlaubten Nutzungen gleichzeitig eine Beschränkung des ausschließlichen Rechts der Urheber darstellt. Mit 160 Zeichen eines Textes etwa – in meiner Rede bin ich einschließlich Leerzeichen, jetzt schon bei etwa 2 500 Zeichen angekommen – haben wir eine maßvolle Beschränkung vorgenommen, die zudem auch der Vergütungspflicht unterliegt. Wichtig ist, dass wir dabei für Live-Formate eine Ausnahmeregelung getroffen haben, weil dort die Werthaltig gerade darin liegt, exklusiv live berichten zu können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Alles das zeigt aber, dass es um eine angemessene Austarierung der unterschiedlichen und vielfältigen Interessen bei der Umsetzung der Richtlinie geht. Vorteile und Beschränkungen gleichmäßig zu verteilen, war dabei das Ziel der Bundesregierung, dem wir uns als Parlament aber ebenso verpflichtet sehen. Ich bin der Überzeugung, dass mit dem vorliegenden Gesetz der Ausgleich gut gelungen ist.
Das Ziel, dass bei uns Ideen und damit geistige Schöpfungen gewahrt werden, durch Rechte und ihren Schutz abgesichert sind und Wertschöpfungen ermöglicht werden, wird sichergestellt. Wir werden uns die Auswirkungen und die Entwicklung natürlich ganz genau anschauen. Denn das ist auf jeden Fall klar: Da es um Rechte geht, und Rechte stets durch Gesetz konstituiert und zugewiesen werden, hat der Gesetzgeber hier auch eine ganz besondere Verantwortung. Ihr kommen wir nach.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)